Heiligenverwirrung in Deutschland

Einige missverständliche Interpretationen über die Heilige Hildegard und die gestern erfolgte Verlautbarung des Heiligen Stuhles lassen sich von der Spitze der katholischen Kirche in Deutschland vernehmen und so schallt es wieder aus den Medien:

  1. Hildegard von Bingen sei in den Heiligenkalender der römisch-katholischen Kirche aufgenommen worden, teilte die Deutsche Bischofskonferenz am Donnerstag mit
  2. Damit sei sie offiziell eine Heilige, sagte der Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz
  3. Eine Heiligsprechung im eigentlichen Sinne sei dies nicht, fuhr er fort. Denn eine Heiligsprechung sei ein lithurgischer (sic!) Akt in einem Gottesdienst, bei dem ein Dekret verlesen werde. „Das ist hier nicht der Fall“, so Kopp wörtlich weiter.
  1. Zu Punkt 1 habe ich mich schon hier geäußert. In der Verlautbarung der Heiligsprechungskongregation war nicht von der Aufnahme in einen Kalender, sondern von der Einschreibung in das Verzeichnis der Heiligen die Rede. Aber vielleicht weiß Herr Kopp ja mehr, als aus der Verlautbarung zu entnehmen ist. Was den Allgemeinen Römischen Kalender angeht, so ist es den wenigsten kanonisierten Heiligen vergönnt, hier aufgenommen zu werden. Und wenn dann eine Aufnahme erfolgt, dann nicht zeitgleich mit der Kanonisation, sondern Jahre später, frühestens sobald eine Neuauflage erfolgt. (Beispiel Hl. Edith Stein: Kanonisation 1998, im Generalkalender seit 2002). In den römisch-katholischen Regionalkalender für das deutsche Sprachgebiet wurde Hildegard als Heilige bereits 1940 aufgenommen, natürlich mit Billigung des Heiligen Stuhles. Wie wird das nur aufgenommen werden, wenn die Hl. Hildegard einst tatsächlich in den Generalkalender aufgenommen werden sollte? Welche Schlagzeile wird die DBK dann finden?
  2. Die korrekte Ausdrucksweise wäre: damit ist sie eine kanonisierte Heilige. Offizielle Dokumente, in denen Hildegard als Heilige bezeichnet oder gekennzeichnet wird, gibt es schließlich zuhauf aus allen Jahrhunderten, angefangen beim Antependium, über die Ablassbriefe, über die Eintragung im Martyrologium, im Mainzer Bistumskalender, im Mainzer Gesangbuch, im deutschen Regionalkalender, bis hin zu vielfältigen Kirchweihen und päpstlichen Verlautbarungen.
  3. Es gibt keine eigentliche und uneigentliche Heiligsprechung. Es gibt eine canonizatio formalis (formale Kanonisation), welche durch einen aufwändigen juristischen Prozess und eine liturgische Feier gekennzeichnet ist. Daneben gibt es eine canonizatio aequipollens (gleich stark seiende Kanonisation) bei Dienern Gottes, die seit unvordenklichen Zeiten verehrt werden und für die ein solch gewaltiges Zeugnis ihrer Heiligkeit besteht, dass der Papst kraft seines Amtes vom Heiligsprechungsprozess dispensiert. Bei diesen Personen wird dann üblicherweise auf einen liturgischen Rahmen verzichtet, da die kultische Verehrung ja nicht erst inauguriert werden muss. Eine solche canonizatio aequipollens ist jetzt bei Hildegard erfolgt, wie auch der Osservatore romano in seiner aktuellen Ausgabe bestätigt. Frühere Beispiele sind der Hl. Albertus Magnus, der Hl. Norbert, er Hl. Bruno. Weiteres hier.

Warum bloß sät der Pressesprecher der DBK Zweifel („keine eigentliche Heiligsprechung“) – gerade da, wo der Heilige Vater Klarheit schaffen will?

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