Ein unaufgeregter aber treffender Kommentar zum Katholikentag und vielleicht mehr noch zur Lage der katholischen Kirche in Deutschland findet sich auf idea.de. Der Journalist Karsten Huhn beginnt so
Journalisten, so heißt es, schmeckt nur die Suppe, in die sie zuvor gespuckt haben. Deshalb ist hier eine Vorbemerkung nötig: Der Katholikentag war sonnig, bunt und fröhlich. Und ich wünsche den Katholiken den Aufbruch von Herzen. Nur: Ich sehe ihn nicht.
und nimmt zunächst einmal das unerträgliche Aufbruchs-Geschwafel, zum Beispiel in einem Katholikentagssong, ins Visier.
… So viel Aufbruch war nie, möchte man da rufen! Man kann sich kaum vorstellen, dass solche Lieder künftig in den Gottesdiensten gesungen werden. Sie erinnern mich an die Aufbruchs-Lyrik meiner Kindheit mit Parolen wie „Vorwärts immer, rückwärts nimmer“, wie sie die DDR-Führung proklamierte.
„Aufbruch“ als Schönfärberei und Modewort
… Beschönigen hilft nicht: Statt eines Aufbruchs gibt es eine anhaltende Auszehrung. Doch als Faustformel scheint zu gelten: Je größer die Krise, umso lauter muss zum Aufbruch geblasen werden. Nachdem die EKD sich bereits 2006 zur „Kirche im Aufbruch“ erklärte, haben die Katholiken nun nachgezogen. Inzwischen sind Katholikentag und [Evangelischer] Kirchentag kaum noch unterscheidbar. …
Wer und was kommt zur Sprache?
… Beide Großveranstaltungen decken alle nur denkbaren gesellschaftlichen Themen ab und sind ein Marktplatz für Politiker aller Parteien. Und auf beiden kommen die Vertreter der jeweils anderen Kirche zu Wort. Eigentlich könnten Kirchen- und Katholikentag also fusionieren. … Beim Kirchentag füllt Margot Käßmann mühelos die größten Hallen. Vergleichbare Anziehungskraft hat derzeit bei den Katholiken keiner. So war der Star des Katholikentages eine Protestantin: Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Kuhns schlussendlich wichtigstes Anliegen für die katholische Kirche: die Krise der Verkündigung
Was besonders auffiel: Die altertümliche, entweltlichte, gegenwartsferne Sprache der Bischöfe, die abgestandenen Pathos-Formeln, die blasse Appell-Rhetorik. Man brauchte nur in die Gesichter der Zuhörer zu schauen: Vieles war eher ermüdend statt ermutigend, es klang zwar rechtgläubig, aber auch recht langweilig. Manchmal zweifelte man beim Zuhören: War das jetzt eine Predigt oder nicht doch eher ein Grußwort? Ein Beispiel aus der Abschlusspredigt: „Aufbruch hat immer mit Wagnis zu tun. Es ist ungewiss, was kommen wird. Wer sein gewärmtes Nest verlässt, der muss sich auf Unvorhergesehenes einstellen. Neu aufzubrechen ist damit ein Protest gegen jegliche Versicherungsmentalität, die sich in unserer Gesellschaft, aber auch in der Kirche, nur allzu gerne breit macht. Ja, es braucht den Mut, sich auf neue Wege einzulassen und nach vorne zu gehen! Wir haben allen Grund, dieses Wagnis einzugehen!“ Konkreter wurde es nicht. Danach war man als Hörer ratlos: Was sollen wir wagen? Welches Nest müssen wir verlassen? Welche Wege sollen eingeschlagen werden? Und wo ist vorne? Es war eine nebulöse, undurchführbare Handlungsanweisung. Wo also sind die katholischen Verkündiger, die begeistern? Wo sind die Prediger, die die Bibeltexte nicht nur verlesen, sondern auch auslegen und leuchten lassen? Die katholische Kirche mag derzeit viele Krisen zu bewältigen haben. Auch wenn das derzeit kaum diskutiert wird: Die Krise der Verkündigung gehört dazu.
Ich freue mich schon auf den Kongress „Freude am Glauben“. Auch wenn P. Karl Wallner und Christa Mewes dieses Jahr nicht auf der Referentenliste stehen – ich habe keine Zweifel, dass es dort solche Probleme nicht geben wird.