Auf babyrosenkranz.de wird der gleichnamige Rosenkranz vorgestellt, auch genannt „Rosenkranz für die Ungeborenen“. Noch vor der Vorstellung des Inhalts wird der Gebetstext beworben mit den Worten „privates Gebet, das ganz tief vom Wort der Heiligen Schrift und dem heilsgeschichtlichen Wirken des Erlösers durchdrungen ist“. Ein Autor dieses Rosenkranzgebetes wird nicht angegeben, jedoch am Ende der Seite eine Empfehlung durch Weihbischof Andreas Laun. Im Impressum der Seite zeichnen verantwortlich Michaela Voss und Doreén Knopf aus Roßhaupten.
Dorothea von Non Draco Sit Mihi Dux hat nach eigenen Angaben begonnen, dieses Gebet zu beten. Sie machte danach eine beunruhigende Erfahrung und diskutiert daraufhin, ob es gut ist, eine als „Selbstverfluchung“ gemeinte Aussage als Gebet zu verwenden. Sie berichtet darüber auf ihrem Blog unter dem Titel Babyrosenkranz und eine Warnung, worauf sich eine interessante Diskussion entspinnt.
Etwas Ähnliches wie das von Dorothea Berichtete habe ich zwar nicht selbst erlebt, aber es wurde mir von Menschen unmittelbar berichtet, die Reiki praktizierten. Andererseits kenne ich die Erfahrung, dass Angriffe des Bösen umso schlimmer erfahrbar waren, je größer ein bevorstehender Gnadentag war.
Die Bibelstelle Mt 27,25 finde ich auch ganz spannend. Natürlich ist es sinnvoll, entsprechend der Lehre vom vierfachen Schriftsinn nicht nur nach dem Literalsinn zu fragen, nämlich der expliziten Übernahme der Verantwortung für die Verurteilung Jesu zum Tode durch die Juden, welche Jesus an Pilatus überliefert haben. Vielmehr ist hier auch nach dem typologischen Sinn zu fragen, also nach gleichnishaften Bildern aus dem AT oder NT. DAS Bild aus dem AT, das sich in der Stelle Mt 27,25 anbietet, welche eine Situation schildert zu einer Zeit, kurz bevor im Tempel die Pascha-Lämmer geschlachtet werden und kurz bevor zur gleichen Zeit DAS Lamm Gottes am Kreuz sein Blut vergießt, ist das Pascha des Herrn Ex 12. Schon im Bericht vom Pascha liegen Unheil und Heil ganz nah beieinander: Da ist der Würgeengel, der die Erstgeborenen Ägyptens dahinrafft und der die Kinder Israels verschont, deren Türpfosten mit dem Blut eines Lammes bestrichen sind.
Wenn jetzt also nach Mt die betreffenden Juden das Blut Jesu auf sich herabrufen, so tun sie dies im Literalsinn zwar aus böser Absicht – oder irrend („denn sie wissen nicht, was sie tun“), im typologischen Sinn jedoch reden sie – unabsichtlich – prophetisch und – da möchte ich mich Vincentius anschließen – rufen das Heil auf sich herab.
Ist es sinnvoll, einen solchen Bibelvers im Gebet rezitieren? Ich denke, das Problem liegt ähnlich wie bei den Hass- und Fluchpsalmen des AT, wobei diese ja wenigstens tatsächlich Gebete darstellen, und in dem Sinn gebetet werden können, dass man bei Gott all seine Bitterkeit abgibt und ihm die Wiederherstellung der Gerechtigkeit überlässt, und dass man im Gesamtzusammenhang der Hl. Schrift betet.
Es ist dann auch nochmal ein Unterschied, ob man einen Bibelvers betrachtend rezitiert, oder ob man ihn umformt (!), um ein Gebet daraus zu machen.
Man kann weiter fragen, wieso die Kirche in ihrer 2000jährigen Geschichte noch nicht auf die Idee gekommen ist, Mt 27,25 in vergleichbarer Weise in der Liturgie zu verwenden.
Was mich weiter bedenklich stimmt, ist, wie Michaela Voss auf die Kritik reagiert hat. Wenn sie etwas Neues in die Kirche einführt, muss sie damit rechnen, dass es geprüft wird. Dorothea hat schließlich nur eine bestimmte Erfahrung geschildert und aus dieser Erfahrung eine Bewertung abgegeben und jedem Leser ist klar, dass sie ihre Bewertung nur aus einer ganz persönlichen Erfahrung und damit ganz subjektiv abgegeben hat.
Wenn Michaela Voss daraus „üble Nachrede“ macht (Straftatbestand!) und fürchtet, sie persönlich (!) werde durch die Kritik öffentlich diskreditiert, stellt sie sich selbst in ein schlechtes Licht.
Die Lösung des Problems sehe ich darin, sich der kirchlichen Ordnung und Hierarchie zu unterwerfen. Als Inhaberin eines Verlages für geistliche Literatur sollte Michaela Voss berücksichtigen, dass nach CIC Can. 826 § 3 auch Gebetbücher für den privaten Gebrauch nur mit Erlaubnis des zuständigen Ortsordinarius – hier Bischof Zdarsa – herausgegeben werden dürfen. Die wohlmeinende Empfehlung von Weihbischof Laun ist da meines Erachtens nicht hinreichend. Gäbe es eine kirchliche Druckerlaubnis, wäre die Diskussion wesentlich entspannter und vielleicht gäbe es auch keine bösen Träume mehr. Ansonsten ist es sicherlich angemessen, wenn jeder, der Zweifel hat, ob ein solches Gebet förderlich ist, dies mit seinem Beichtvater bespricht, wie Dorothea dies ja auch angedeutet hat.