Implikationen der neuen Enzyklika

Was sich mir an „Laudato si“ für Fragen stellen:

  1. Es wird konstatiert, dass die Menschheit sich ändern muss und dass das richtige Bewusstsein fehlt. (202) Das Problem soll durch Umerziehung gelöst werden. (209) Ist das die Antwort der Kirche?
  2. Ein gewisser Ali Al-Khawwas wird uns in Fußnote 159 als „geistlicher Lehrer“ vorgestellt. Welcher Art ist dessen Lehre? Meine Internet-Suchmaschine liefert mir auf eine Suche nach diesem Namen kein für mich brauchbares Ergebnis. Die Fußnote gibt als Quellenangabe eine Anthologie du soufisme an. Demnach scheint es sich um einen Sufi zu handeln. Der deutschsprachige Wikipedia-Artikel über Sufismus führt keinen solchen Sufi auf. Stattdessen erfahre ich, dass Sufismus für islamische Strömungen steht, welche „ eine spirituelle Orientierung aufweisen, die oft mit dem Wort Mystik bezeichnet wird“, und dass im Arabischen für „Mystik“ ‘irfān steht, welches wiederum wörtlich Gnosis heißt. Der englischsprachige WP-Artikel beherbergt eine ausführliche Liste historischer und zeitgenössischer Lehrer des Sufismus. Auch dort Fehlanzeige. So muss zunächst offen bleiben, was die Zitierung dieses „geistlichen Lehrers“ zu bedeuten hat.
  3. Was ist das „Herz des Universums“ (Absatz 238), in dem der (Heilige?) Geist zugegen ist? Was ist das „Herz dieser Welt“ (245), in dem der Herr des Lebens „weiter gegenwärtig“ ist.
  4. Was bedeutet „Die göttlichen Personen sind subsistente Beziehungen“(240)?
  5. Heiligt sich die menschliche Person allein schon dadurch, dass sie „in Beziehung tritt“? Ist die Absicht, „um in Gemeinschaft mit Gott, mit den anderen und mit allen Geschöpfen zu leben“, für die Heiligung hinreichend? (240)
  6. Wie ist „Alles ist miteinander verbunden“ (240) genau zu verstehen, eine Redeweise, die mir bisher am ehesten im esoterischen Kontext begegnet ist? Oder ist es eine Anspielung auf die angebliche Rede von Häuptling Seattle in der 1970 von Ted Perry erfundenen Version?
  7. Was ist eine „Spritualität der globalen Solidarität“ (240), welche wir eingeladen sind, heranreifen zu lassen?
  8. Inwiefern wird das Universum „mit uns an der Fülle ohne Ende teilhaben“ (243)? Wird die Spannung zwischen Mk. 13, 31 par. und Röm 8,21 hier durch eine päpstliche dogmatische Aussage aufgelöst?
  9. Angesichts der Adressierung der Enzyklika „an jeden Menschen … , der auf diesem Planeten wohnt“ und der durchgehenden Thematisierung des Planeten Erde als „unser gemeinsames Haus“ ist davon auszugehen, dass in dieser Enzyklika mit dem Personalpronomen wir die gesamte Menschheit gemeint ist, wenn sonst nichts anderes ersichtlich ist. Ist das im eschatologischen Schlusskapitel durchgehaltene wir im Sinne eines Allversöhnungsoptimismus aufzufassen?

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