Kommentar zum Artikel Der überforderte Papst:
Das gegenwärtige kirchengeschichtliche Drama ist kaum zu verstehen; es scheint mir ein Mysterium, vergleichbar dem freiwilligen Gang des Herrn nach Jerusalem, den seine Jünger auch nicht verstanden. Vielleicht liegt das Verständnis verborgen in jenem geheimnisvollen Schritt Benedikts, das Amt (ministerium) des Bischofs von Rom aufzugeben und den Bischofssitz (sedes) von Rom (auch genannt sedes Sancti Petri, also Stuhl des Hl. Petrus) zu verlassen, ohne dem Petrusamt (munus Petrinum) abzusagen. Siehe den Text der Verzichtserklärung und die Erläuterungen von Erzbischof Gänswein über den „Jahrtausendschritt“.
Wenn wir von Benedikt lernen, zwischen Petrusamt und römischem Bischofssitz zu unterscheiden, können wir uns daran erinnern, dass ja das Petrusamt das frühere und entscheidende ist („Auf diesen Felsen…“), auch wenn dieses seit über 1950 Jahren mit dem Bischofssitz von Rom verbunden ist. Wenn wir nun erleben, wie Franziskus sich einerseits der vollen Amtsgewalt des Bischofssitzes von Rom erfreut und von dieser ausgiebig Gebrauch macht, um die römisch-katholische Kirche nach seinen Vorstellungen von innerweltlicher Befriedung unumkehrbar umzugestalten, sich andererseits aber ungemein schwer tut, die Brüder zu stärken, die Herde beieinander zu halten und zu lehren, alles zu halten, was der Herr aufgetragen hat (Frage: „Wer bin ich um zu urteilen?“ – Antwort: der Papst), drängt sich mir die Frage auf: Ist etwa die Amtsgnade des petrinischen Amtes unteilbar und weiterhin auf Benedikt beschränkt, selbst wenn Franziskus rechtmäßiger Inhaber des Bischofssitzes von Rom und damit der höchste Pontifex ist?