Kanonisation der Hl. Hildegard – was lange währt, wird endlich gut

Gestern vormittag erweiterte Papst Benedikt XVI. den liturgischen Kult zu Ehren der Heiligen Hildegard auf die ganze Weltkirche und verlieh ihr damit die päpstliche Akkreditierung als Heilige. Damit brachte er ein Verfahren zum Abschluss, welches vor 785 Jahren begann. Im Jahre 1227 stellte der Konvent des Benediktinerinnenklosters Rupertsberg, offenbar nach der Wahl des Hildegardverehrers Gregor IX. zum Papst, den Antrag auf Kanonisation Hildegards.

Der Wortlaut der Verlautbarung der Heiligsprechungskongregation:

„Heute, am 10. Mai 2012, empfing der Heilige Vater Benedikt XVI. in Privataudienz Seine Eminenz Kardinal Angelo Amato, SDB, Präfekt der Heiligsprechungskongregation. In der Audienz hat Seine Heiligkeit auf die ganze Weltkirche den liturgischen Kult zu Ehren der Heiligen Hildegard von Bingen ausgedehnt, welche Nonne vom Orden des heiligen Benedikt war, geboren zu Bermersheim (Deutschland) im Jahre 1098, gestorben zu Rupertsberg (Deutschland) am 17. September 1179, womit sie in das Verzeichnis der Heiligen eingetragen wird.“

Mit „Verzeichnis der Heiligen“ ist keineswegs das Martyrologium Romanum gemeint, welches tatsächlich das gedruckte Verzeichnis darstellt, welches sämtliche Seligen und Heiligen der römisch-katholischen Kirche, also auch der nur regional verehrten und in früheren Zeiten lediglich durch den Ortsbischof zur Ehre der Altäre erhobenen, enthält. In diesem ist die heilige Hildegard nämlich seit der Erstausgabe von 1584 als Heilige benannt.

Mit „Verzeichnis der Heiligen“ ist auch nicht der Römische Generalkalender gemeint. Insofern scheint bei der Deutschen Bischofskonferenz ein Missverständnis vorzuliegen, wenn es in deren Pressemitteilung heißt, der Papst habe Hildegard „offiziell in den Heiligenkalender der Gesamtkirche aufgenommen“. Die Aufnahme in den Römischen Generalkalender ist eine eigene Würdigung, die nur wenige kanonisierte Heilige erfahren.

„Einschreibung in den Katalog der Heiligen“, synonym Kanonisierung, beschreibt keinen materiellen Vorgang, sondern ist Teil der Kanonisationsformel, welcher das seit 1234 bestehende päpstliche Vorrecht beschreibt, den Titel „Heilige“ zu vergeben.

Somit ist heute nach 785 Jahren zur Erfüllung  gekommen, worum der Konvent des Klosters Rupertsberg im Jahre 1227 den frisch gewählten Papst Gregor IX. bat, und worauf dieser im Januar 1228 wohlwollend antwortete: „Weil Gott aufgrund der Verdienste der Äbtissin des erwähnten Klosters, Hildegard heiligen Andenkens, bis jetzt viele Wunder gewirkt hat und noch zu wirken gedenkt, und weil sie, die außer dem Psalter keine Schriften kennengelernt hat, durch die Offenbarung des Heiligen Geistes viele Bücher verfasst hat, die es wert sind, der römischen Kirche (=der ganzen Kirche) zur Kenntnis gebracht zu werden, und weil wir, die wir von ihrem lobenswerten und heiligen Lebenswandel gehört haben, als wir, noch mit einem geringeren Amt betraut, zusammen mit dem Kardinalpresbyter der Titularkirche vom heiligen Kreuz, Leo guten Andenkens, auf einer Gesandtschaft in der Gegend von Alemannia waren (1207-1209), sollten wir jetzt auf Erden die erhöhen, die der Herr im Himmel geehrt hat, indem wir sie also kanonisieren und in das Verzeichnis der Heiligen hineinschreiben; auch sollten wir ihre Bücher zu uns bringen lassen, um ihnen solche Autorität zu verleihen, dass sie von allen gelesen werden.“

Übrigens eine schöne Parallele:
Ein Gottesmann aus fremdem Lande (Italien) weilt für einige Zeit im Rheinland (1207-1209), befasst sich zu dieser Zeit mit der Hl. Hildegard, wird 20 Jahre später Papst und ist ihr so wohlgesonnen, dass er sie kanonisieren möchte: Papst Gregor IX. 1228.
Ein Gottesmann aus fremdem Lande (Bayern) weilt für einige Zeit im Rheinland (1959-1963), befasst sich zu dieser Zeit mit der Hl. Hildegard, wird 46 Jahre später Papst und ist ihr so wohlgesonnen, dass er sie kanonisiert: Papst Benedikt XVI. 2012.

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