Dann sagte er zu Thomas: Streck deinen Finger aus – hier sind meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!Thomas antwortete ihm: Mein Bruder und mein Freund! … und klopfte ihm herzhaft auf die Schulter.
Eine solche Verformung des Evangelientextes lässt erahnen, dass in einer solchen Anrede des Herrn mehr Unglauben als Glauben ausgedrückt worden wäre. Die Anrede Jesu als „unser Bruder und Freund“ wird im Rahmen liturgischer Missbräuche am Ende des Tagesgebets gern an die Stelle von „unser Herr und Gott“ gesetzt. Auf die Eliminierung der Gottheit Christi an dieser Stelle der heiligen Liturgie bin ich hier bereits eingegangen, auf die modernistische Anrede Gottes, vor allem in Fürbitten hier.
Ist es angemessen, unseren Herrn Jesus Christus als Bruder anzureden? Bei Invenimus messiam ist ein Artikel zum Thema zu finden, samt Kommentar von Marcus (der mit dem C). Eine kirchliche Tradition, den Herrn als unseren Bruder anzureden, kenne ich nicht.
Zugegeben: es gibt wenige Stellen, in denen der Herr seine Jünger als Brüder bezeichnet.
Mt 12,50 Denn wer den Willen meines himmlischen Vaters erfüllt, der ist für mich Bruder und Schwester und Mutter.
bzw.
Lk 8,21 Er erwiderte: Meine Mutter und meine Brüder sind die, die das Wort Gottes hören und danach handeln.
Doch wer will dies schon als mehr als ein Ideal für sich beanspruchen? Das Gleiche gilt für diese Textstelle:
Mt 25,40 Darauf wird der König ihnen antworten: Amen, ich sage euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.
Bleibt nur noch:
Joh 20,17 Jesus spricht zu ihr: … Geh aber hin zu meinen Brüdern …
Eine einzigartige Auszeichnung für seine Jünger zu einem einzigartigen Zeitpunkt, welche aber unmittelbar gefolgt wird durch jene bemerkenswerte Vermeidung eines gemeinsamen unser Vater:
… und sprich zu ihnen: Ich fahre auf zu meinem Vater und eurem Vater und zu meinem Gott und eurem Gott!
Und im nachfolgenden Vers wird nicht berichtet, Maria Magdalena verkünde den Jüngern, dass sie ihren Bruder gesehen habe, sondern dass sie den Herrn gesehen habe.
Wenn aber der HErr seine Jünger damit ehrt, dass er sie Brüder nennt, so geschieht dies in der Hl. Schrift nie umgekehrt.